Die Schleppnetz-Fischerei

Grundsätzlich sollte erst einmal erklärt werden, für was diese Art der Fischerei dient – nur zur Steigerung des Ertrags. Dies haben wir bereits in unserem ersten Bericht zu diesem Thema erwähnt, wir sprechen also nicht mehr von einem „Netzchen“ aus Sisal, Hanf, oder anderen natürlichen Produkten, aus denen früher Fischernetze bestanden. Heute werden alle Netze aus Kunststoffen wie Polyethyl (PE) oder Nylon hergestellt und das gilt leider auch für das Fischereihandwerk. Kunststoffnetze sind schneller herzustellen und vor allem billiger als die Art Fischersetze, die sich über Jahrtausende bewährt haben.  

Und genau hier beginnt das erste große Problem.

Fischernetze (egal aus welchem Material) gehen mit der Zeit kaputt oder bleiben oft an Wracks, Felsen und Korallen hängen und werden dabei abgerissen. Sie sind dadurch nicht mehr einsatzfähig für die Fischerei. Was also tun mit dem kaputten Netz, das es vielleicht doch geschafft hat an Bord zu kommen? Ab damit zurück ins Meer. Eigentlich sind alle Fischer verpflichtet (in deutschen Gewässern sowie auch in den meisten anderen Nationen) ihre Netze an Land zu entsorgen. Ebenso müssen abgerissene Netze gemeldet werden, unsere Regierung ist jedoch nicht verpflichtet, diese zu bergen.

Netze bestehen aus Kunststoff wie PE oder Nylon. Als Geisternetze sorgen sie weiter in den Meeren für unnützen Tod von vielen Meeresbewohnern – und das bis zu 500 Jahre.
Beifang – Und jetzt?

Nun haben wir aber ein Problem – Der Fischer schmeißt die kaputten Netze über Bord, da er sich Kosten spart. Gemeldet wird selten, dass er eins „verloren“ hat, da er evtl. zu Strafzahlungen verpflichtet wäre.

Doch ist unserer Regierung das Problem gar nicht bewusst, was diese Geisternetze in unseren Meeren anrichten. Fakt ist, Geisternetze werden immer mehr in unseren Meeren.

Geisternetze – tödliche Falle für bis zu 500 Jahre.

Wie schon erwähnt bestehen Netze aus Kunststoff. Und obwohl diese Netze nicht mehr ihrer wahren Bestimmung nachkommen (Fische für den Verzehr zu fangen), so fangen sie dennoch weiter Meereslebewesen und das bis zu 500 Jahre, bis der Kunststoff langsam zerfällt. Und dies bedeutet den vermeidlichen und qualvollen Tod von hunderttausenden von Seehunden und Seelöwen, Schildkröten, Walen und Delphinen und Millionen von Vögeln und Fischen und das jährlich.

Jedes Jahr gehen in europäischen Gewässern ca. 25.000 Netze und Netzteile verloren, alleine in der Ostsee werden bis zu 10.000 vermutet. Weltweit gelangen so laut WWF ( World Wide Fund For Nature) pro Jahr bis zu 1 Million Tonnen an Fischereigeräten in die Meere.

Naturschutzgebiet Wattmeer – Eine Biosphäre für Myriaden von Lebewesen

Ein guter und hilfreicher Bericht darüber ist sicherlich der der GRD e.V. (Gesellschaft zur Rettung der Delphine).

Doch warum wird über diese Art von Plastikmüll in den Meeren selten berichtet? Treiben doch weltweit bis zu 150 Millionen Tonnen Plastik in den Meeren und jährlich kommen mittlerweile 8-10 Millionen Tonnen dazu, wobei auch die industrielle Fischerei mit ihren Giganetzen einen Großteil dazu beiträgt. Soll dies nicht so publik werden? Keine Ahnung. Wir, aber auch andere Organisationen werden es jedenfalls der Öffentlichkeit Preis geben und darüber berichten.

Um zurück zu kommen auf die industrielle Schleppnetzfischerei. Diese muss aufgeteilt werden in:

Grundschleppnetze
Grundschleppnetze mit Baumkurren
Pelagische Schleppnetze

Doch was kann darunter verstanden werden? Schleppnetze sind, wie der Name schon sagt, Netze die hinter dem Schiff hinterher gezogen, also geschleppt werden. Die Größen der verschiedenen Schlepparten variieren dabei beachtlich.

Grundschleppnetze (mit und ohne Baumkurren):

Diese Art der Fischerei wird viel im Nordatlantik von großen Industrieschiffen verwendet. Aber auch kleine Garnellenkutter (bis 18m Länge) fischen so in Küstennähe der Nord- und Ostsee, wie z.B. vor Sylt.

Grundschleppnetze sind generell kleiner als pelagische Schleppnetze und weißen eine Länge von „nur“ maximal 200 m auf. Diese werden in Tiefen von 100 – 1.500 m über den Meeresboden gezogen und scheuchen damit alle im Sand lebenden Meeresbewohner auf, wo sie regelrecht durch das Netz eingesammelt werden. Grundschleppnetze mit Baumkurren gehen sogar noch einen Schritt weiter. Baumkurren kann man sich vorstellen wie zwei Pflüge aus Holz bzw. Eisen, die links und rechts an der Öffnung des Netzes angebracht werden. Diese „Kurren“ pflügen regelrecht den Meeresboden um.

Garnelenkutter in der Nordsee- Nachhaltiges Fischen sieht anders aus
„Baumkurren“ pflügen den Meeresboden um und zerstören einen der wichtigsten Lebensräume der Meere.

Die Auswirkungen auf das Ökosystem sind hierbei verehrend, anders kann dies nicht ausgedrückt werden. Und alles nur, um an die heiß begehrten Schollen, Seezungen und die von uns hoch geschätzten Nord- und Ostsee Garnelen zu kommen.

Garnelen – ein Unding in Sachen Ökobilanz. Bei unseren heimischen Garnelen fallen bis zu 90% Beifang an. Meeresbewohner, für die der Fischer entweder keine Lizenz besitz bzw. Lebewesen, die nicht für den Verzehr geeignet, jedoch für den Lebensraum Meer wichtig sind.

Garnelen zählen zu den schnellverderblichen Lebensmitteln. Sie werden daher sofort nach dem Fang noch auf den Kuttern und Schiffen gekocht, um sie haltbar zu machen. Doch für des deutschen Wohl fehlt noch etwas, eine Arbeit die er sich sparen will – das Schälen. Doch wer soll die Garnelen puhlen? Und so werden sie anschließend nach Marokko verschifft, wo sie unter menschenunwürdigen Bedingungen von Billigarbeitern für uns gepuhlt werden, anschließend wieder zurückkommen, um auf unseren Speisetellern als regionales und nachhaltiges Produkt verspeist zu werden.

Hilfe von Freunden -für einen Überblick zu bekommen zum Lebensraum Wattmeer gab es Unterstützung, um alles aus der Vogelperspektive zu sehen.
Sich selbst ein Bild machen – Vieles kann oft nicht geglaubt werden, wenn man es nicht selbst sehen würde.
Ein Garnelenkutter durchpflügt mit seinen Baumkurren den Meeresboden und zerstört damit ein ganzes Ökosystem.

Pelagische (frei schwebende) Schleppnetze:

Nun kommen wir zu ganz anderen Dimensionen, wie sie in der industriellen Fischerei eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich ebenfalls, wie die Grundschleppnetze, um trichterförmige Netze, die freischwebend im Meer alles an Leben abfischen, was ihnen in den Weg kommt. Die Ausmaße dieser Netze sind gigantisch. Die Größten davon werden von zwei Trawlern gezogen und sind so groß wie vier Fußballfelder. In ihnen könnten sich 12-14 Jumbojets verstecken, oder aber tatsächlich 500 Tonnen Fisch. Gefüllte Netze werden über das Heck des Schiffes angelandet. Durch das Gewicht des Netzes sind generell die letzten 10-20% des Fanges unbrauchbar, diese Fische sind von den Vorherigen regelrecht erdrückt. 

Ökologische Bilanz:

Nicht nur, dass Fisch, der eigentlich brauchbar wäre jedoch erdrückt wurde, gefangen wird, nein auch das Thema Beifang ist hier groß zu schreiben. Fischereibetriebe haben, wie schon erwähnt, nur eine Lizenz für bestimmte Fische. Alles an Beifang, sprich Meeresbewohner für die sie keine Lizenz haben, wird (meist Tod) wieder über Bord geschmissen. Alleine beim Beifang kann bei der industriellen Fischerei von bis zu 26 Millionen Haien ausgegangen werden, ein Großteil davon durch die pelagische Schleppnetzfischerei (aber auch durch die Langleinenfischerei.)

Hunderttausende von (langsamen) Schildkröten gehen auf das Konto der Schleppnetzfischerei. Was noch verheerender ist: hier werden (wie auch bei Ringwadennetzen) ganze Populationen gefangen. Ob junge Fische oder alte, alles kommt rein. Ein Problem ist, dass durch die übermäßige Befischung unserer Meere die Fische immer jünger werden. Viele Arten (unter anderem der Blauflossen-Tunfisch) sind bereits so jung, dass sie noch nicht einmal die Geschlechtsreife erreichen, bevor sie gefangen werden. Dies sind Arten, die vor dem Aussterben stehen und doch so eine wichtige Nische in unseren Meeren einnehmen. Der Blauflossen-Tunfisch Bestand ist bereits zu 95% im Nordatlantik zurückgegangen und trotzdem wird er noch angelandet.

Robbenkolonie vor Sylt- Als Säugetiere müssen sie auftauchen zum atmen. Auch sie verenden qualvoll in Geisternetzen.

Zum Thema „industrielle Fischerei“ haben wir auch einen sehr informativen Kurzfilm in unseren Infoportal bzw. hier verlinkt. (Die Überfischung der Meere)

Wir hoffen, euch wieder viel Informatives weitergeben zu haben. Auch wenn dies Thema sehr niederschmetternd ist, ist es wichtig. Denn jeder sollte darüber Bescheid wissen, wie in der heutigen Zeit gefischt wird. Vor allem sollte es jedem bewusst sein, der gerne Fisch isst.

Vielen Dank fürs Lesen

Martin und Ines

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